Am heutigen Tage wurde nunmehr der Hamburger Mietenspiegel 2023 veröffentlicht. Da bislang keine Methodenberichte veröffentlicht worden sind, ist eine tiefere Analyse erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Zunächst ist festzustellen, dass die Mieten (arithmetische Mittel) in sechs Rasterfeldern trotz Fortschreibung und allgemeiner Mietpreissteigerungen gefallen sind [C/5: -16,55% / F/3: -3,54% / I/8: -3,24% / K/4: -2,14% / L/4: – 6,87% / L/5: -0,68%]. Auffällig ist der freie Preisverfall insbesondere im Rasterfeld C/5 mit einer Senkung des arithmetischen Mittels um 16,55% bzw. von bislang € 12,75/m² auf nunmehr € 10,64/m². Die ortsübliche Vergleichsmiete dieses Rasterfeldes guter Wohnlage liegt nunmehr 18,53% unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete identischer Wohnungen normaler Wohnlage.
Wie wir bereits in den vergangenen Jahren festgestellt haben, ist der politische Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete insbesondere in den Nachkriegsbaujahren bis zum Baujahr 1993 bei Wohnungen der normalen Wohnlage bis 91m² besonders groß, da hier anzahlmäßig der meiste Mietgeschosswohnungsbau zu finden ist und auch der Anteil der genossenschaftlichen und städtischen Wohnungen überdurchschnittlich groß ist – diese 12 Rasterfelder repräsentieren immerhin rund die Hälfte des frei finanzierten Mietgeschosswohnungsbaus.
Dass in diesen Rasterfeldern (Spalten H/I/K/L der normalen Wohnlage bis 91 m²) der politische preissenkende Einfluss am größten ist, zeigt auch das Verhältnis des jeweiligen arithmetischen Mittels der guten zur normalen Wohnlage, da hier der Preisaufschlag der guten zur normalen Wohnlage bis zu 76,72% beträgt – hier ist nicht die gute Wohnlage zu hoch angesetzt, sondern die normale Wohnlage entsprechend zu niedrig festgestellt worden.
Hintergrund: Gemäß der Geschäftsberichte der SAGA/GWG als auch der großen Hamburger Wohnungsgenossenschaften erfolgt die Neuvermietung auf Basis des jeweiligen Mittelwertes des jeweils zugehörigen einschlägigen Mietenspiegel-Rasterfeldes, die Bestandsmieten liegen Angabe gemäß sogar unterhalb dieser Werte. Dies bedeutet, dass keine einzige in den Mietenspiegel einfließende Vergleichsmiete dieser Vermietergruppen einen preissteigernden Einfluss auf den Hamburger Mietenspiegel haben kann – erfolgt eine Mieterhöhung im Bestand, so hat diese i.d.R. sogar preissenkenden Einfluss auf das jeweilige Mietenspiegel-Rasterfeld. Obwohl die SAGA/GWG als auch die Hamburger Wohnungsgenossenschaften jeweils „ausschließlich“ rund 1/6 des Mietmarktes abbilden, fließen in diese Rasterfelder entgegen des eigentlichen Marktanteils übermäßig viele Vergleichswohnungen dieser beiden Vermietergruppen ein: I/2: 66% / I/3: 72% / K/3: 69% / K/4: 66% (siehe Methodenbericht zum Hamburger Mietenspiegel 2021).
Schaut man sich die langfristige Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete anhand der veröffentlichten Hamburger Mietenspiegel über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023) an, so stellt man fest, dass die jeweilige Mietpreisentwicklung in den benannten Mietenspiegel-Rasterfeldern nicht nur unterdurchschnittlich ist, sondern auch die offiziell ausgewiesene Verbraucherpreisinflation von recht genau 2% p.a. stark unterschritten wird. Die durchschnittliche Preisentwicklung betrug in den vorstehend genannten vier Rasterfeldern exemplarisch
- I/2: Ø 1,310% p.a. [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
- I/3: Ø 1,360% p.a. [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
- K/3: Ø 0,925% p.a. [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
- K/4: Ø 1,015% p.a. [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
In der statistischen 32-jährigen Langfristbetrachtung sind die Verbraucherpreise somit um 88,53% angestiegen, während die Vergleichsmieten in diesen vier Rasterfeldern ausschließlich folgende Preisentwicklung aufweisen:
- I/2: 51,71% [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
- I/3: 54,00% [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
- K/3: 34,19% [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
- K/4: 38,23% [über einen Zeitraum von 32 Jahren (1991-2023)]
Beispiel 70 m² große Wohnung des Baujahres 1972 der normalen Wohnlage:
- 1991 hätte die Nettokaltmiete auf Basis des arithmetischen Mittels € 352,10 betragen.
- 2023 beträgt die Nettokaltmiete auf Basis des arithmetischen Mittels € 472,50!
- Ungeachtet dessen, das bereits 1991 die ortsübliche Vergleichsmiete mit € 5,03 / m² zu niedrig abgebildet worden ist, so müsste die ortsübliche Vergleichsmiete auf Basis eines Preisanstiegs nach Verbraucherpreisindex heute immerhin 9,48 / m² betragen anstatt € 6,75 / m².
Somit liegt die Verbraucherpreisinflation teilweise mehr als Doppelte über der Mietpreisentwicklung einiger Mietenspiegel-Rasterfelder über einen Zeitraum von 32 Jahren.
Bei den angegebenen Mietenspiegel-Rasterfeldern handelt es sich jedoch nicht um Extrembeispiele, sondern werden in der Spalte M bzw. Baualtersklasse 1991-2010 teilweise noch deutlich unterschritten:
- M/1: Ø 0,742% p.a. bzw. 22,99% [über einen Zeitraum von 28 Jahren (1993-2021)]
- M/2: Ø 0,504% p.a. bzw. 16,31% [über einen Zeitraum von 30 Jahren (1993-2023)]
- M/3: Ø 0,615% p.a. bzw. 20,21% [über einen Zeitraum von 30 Jahren (1993-2023)]
Hätte somit ein Kapitalanleger im Jahre 1993 eine im Mietenspiegel-Rasterfeld M/3 belegene Neubauwohnung erworben und zu einem Mietpreis von € 10,00/m² (1993 + Neubau!) vermietet, so hätte dieser Kapitalanleger nunmehr nach 30 Jahren das erste Mal die Gelegenheit, diese Miete auf Basis des Hamburger Mietenspiegels 2023 um € 0,11 / m² an die „ortsübliche Vergleichsmiete“ anzupassen.
Das Mietenspiegel-Rasterfeld mit der bislang niedrigsten ortsüblichen Vergleichsmiete von € 6,38/m² (K/3) ist immerhin um 6,51% binnen von 2 Jahren angestiegen – die Verbraucherpreisinflation betrug binnen des gleichen Zeitraums 13,9% auf Basis der Erhebungsstichtage. Die rote Laterne hat nunmehr das Rasterfeld K/4 mit einer ortsüblichen Vergleichsmiete von 6,40 / m² inne, immerhin einem Rasterfeld mit unzureichender Anzahl von ausschließlich 10 Vergleichswohnungen. Bezeichnend ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass der Nebensatz „Für Felder mit weniger als 30 Datensätzen ist die Aussagekraft eingeschränkt, hier sind auch die Mietspannen ähnlicher Wohnungstypen zu beachten.“ seit diesem Mietenspiegel nicht mehr angeführt wird.
Hamburg im Dezember 2023
Haus- und Grundeigentümerverein Hamburg-Rahlstedt e.V.
Schweriner Str. in 22143 Hamburg
Autor
Fabian Röhr
Vorstandsvorsitzender